Gelebte Inklusion

Es gibt keine Norm für das Menschsein. Es ist normal verschieden zu sein!

Richard von Weizäcker 1.7. 1993, Bonn

Wir bieten als evangelische Kindertageseinrichtung seit 1989 die integrative Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung an, da wir aufgrund unseres christlich – humanistischen Menschenbildes davon überzeugt sind, dass jedes Kind einzigartig und ein wichtiger Teil der Gemeinschaft ist.

Seit dem Inkrafttreten der UN- Konvention für die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen im März 2009, haben wir uns auch auf den Weg gemacht eine inklusive Pädagogik anzubieten. Genaueres ist dazu im QM- Handbuch K 2.6 beschrieben (Inklusion – Pädagogik der Vielfalt).

Inklusion – die Pädagogik der Vielfalt - bedeutet für uns, dass alle Kinder, unabhängig von ihren individuellen Merkmalen und Bedürfnissen, gemeinsam betreut gefördert und begleitet werden. Unsere Tageseinrichtung ist ein Ort, an dem jedes Kind akzeptiert und wertgeschätzt wird. Inklusion geht über Integration hinaus, indem sie nicht nur die Anpassung der Kinder an die Kindertageseinrichtung, sondern auch die Veränderung der Kindertageseinrichtung an die Kinder fordert, also den Abbau von umweltbedingten Barrieren zur Verbesserung der Teilhabe im sozialen Leben. Im Bereich von Kindertagesstätte wird der Begriff Integration oft auf die gemeinsame Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderungen beschränkt. Es ist jedoch wichtig, die gesamte Bandbreite der Integration zu betrachten. Integration bedeutet für uns, dass die Kindertagesstätte für alle Kinder geöffnet ist, unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Kultur oder Gesundheit.

Im Zentrum unserer pädagogischen Unterstützung von Kindern, sowohl mit besonderem Förderbedarf als auch ohne, steht die kontinuierliche Förderung des gemeinsamen Lernens und Wachsens. Wir beobachten sorgfältig, wie sich die Kinder im Alltag, sowohl während des Spielens als auch während des Lernens, entwickeln. In regelmäßigen Gesprächen mit den pädagogischen Fachkräften, den Inklusionsfachkräften und den Eltern des Kindes reflektieren wir die Fortschritte und berücksichtigen dabei die vielfältigen physischen, emotionalen, sozialen und geistigen Fähigkeiten der Kinder (der leistungsberechtigten Personen). Durch die Anwendung von Entwicklungsprotokollen und vielfältigen Beobachtungsmethoden verfolgen wir genau die individuellen Entwicklungsverläufe. Auf diese Weise können wir feststellen, ob Kinder sich gut entwickeln oder ob ein Förderbedarf (z.B. im physischen, emotionalen, sozialen und geistigen Bereich) besteht. Auf Grundlage dieser Beobachtungen sind wir in der Lage, wenn ein erhöhter Förderbedarf festgestellt wird, maßgeschneiderte Förder- und Teilhabemaßnahmen/ und auch Förderpläne für das betreffende Kind zu konzipieren. Hier gibt es ein Verfahrensablauf, den wir in unserem QM-Handbuch verschriftlicht haben (K 2.6.)

Nach Bewilligung des Antrages steht dem Kind die Basisleistung I zu. Diese umfasst zusätzliche Personalstunden in Form einer pädagogischen Fachkraft, die durch die darüber hinaus zeitlichen Ressourcen das Kind mit seinen erhöhten Bedürfnissen individuell und intensiver beobachten und begleiten kann. Unser Träger setzt den im Landesrahmenvertrag ausgewiesenen Stundenumfang entsprechend der Mittel um, in dem Fachkraftstunden erhöht werden oder eine neue Fachkraft eingestellt wird. Diese Fachkraft steht den Eltern zusätzlich als professioneller und kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Wohl des Kindes in seinen Entwicklungsprozessen zur Verfügung.

Je nach Intensität und Komplexität des Teilhabebedarfes kann es zusätzlich notwendig sein, dass eine zusätzliche Assistenzkraft das Kind im Alltag begleiten muss (Individuelle – heilpädagogische -Leistungen, IHPL -Stunden), um so der einzelne Förderung des Kindes, als auch dem gewählten wöchentlichen Betreuungsbedarf der Eltern gerecht zu werden. Sie werden in Form einer 1:1 Betreuung erbracht, sofern es für das Kind erforderlich ist. Wir setzen uns intensiv dafür ein, die Familie bei dem gesamten Prozess zu unterstützen.

Gemeinsam mit den Eltern überwachen wir in regelmäßigen Abständen den Fortschritt anhand der festgelegten Ziele und Zeitpläne (Teilhabe- und Förderplan). Diese werden flexibel an die Entwicklungsmöglichkeit des Kindes und seiner Familie angepasst oder erweitert. Wir legen großen Wert auf eine enge Partnerschaft mit den Eltern, da wir sie als Experten für ihr eigenes Kind betrachten. Ihre Meinung und Ideen sind von entscheidender Bedeutung, um aktiv zur Förderung und Begleitung ihres Kindes beizutragen.

Es ist sicher zu stellen, dass die Förderung von Kindern mit Behinderung dauerhaft gewährleistet ist. Ein Wechsel der Einrichtung ist möglichst zu vermeiden. Sollte sich abzeichnen, dass die Betreuung und Förderung mit dem im Gesamt- oder Teihabeplanverfahren vereinbarten Leistungen nicht mit der notwendigen Qualität sichergestellt oder eine weitere Betreuung aus anderen Gründen ggf. nicht fortgeführt werden kann, haben wir als Kindertagesstätte umgehend eine externe Fachberatung hinzuzuziehen sowie die Sorgeberechtigten und den Träger der Eingliederungshilfe zu informieren. Dies gilt, insbesondere bevor bestehende Betreuungsverträge gekündigt werden.

Dieser Weg der Inklusion ist kein statisch messbarer Zustand, sondern hat prozesshaften Charakter, da er jeden Tag neu mit allen beteiligten Personen geschieht.

Des Weiteren definieren wir Inklusion nicht als eine besondere pädagogische Methode, sondern als wertneutrale und vorurteilsfreie Haltung mit denen wir unseren Familien gegenübertreten. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf die Arbeit mit Kindern mit Beeinträchtigungen bzw. mit besonderem Förderbedarf, sondern diese Haltung betont die Andersartigkeit und die Vielfalt aller Menschen in unserer Einrichtung. Wir begegnen ihnen mit Respekt und akzeptieren unterschiedliche kulturelle, religiöse und sozioökonomische Bedingungen, indem wir die Andersartigkeit als Bereicherung erleben, ohne unsere evangelische Ausrichtung zu verlieren oder aufzugeben. Ferner berücksichtigen wir die Verschiedenheit von Mädchen und Jungen, indem wir neben einer koedukativen Erziehung ihre spezifisch- individuellen sozialen, emotionalen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten im Rahmen von sog. Gender- pädagogischen Aktivitäten fördern. (Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern)

Um den inklusiven Gedanken auch in die Tat umzusetzen, ist uns die Partizipation und Bedarfsorientierung der Kinder bzw. Familien sehr wichtig. Wir möchten, dass jeder bekommt, was er braucht, und wir tun alles dafür, dass für ihn diese Möglichkeiten geschaffen wird z.B. Rollstuhl für ein Kind mit einer Körperbehinderung oder aber auch Übersetzungen von Info- Flyern, Dolmetscher, Bereitstellen von Räumlichkeiten für Therapeuten der Kinder, besonderes Material oder Raumgestaltung, die der Bedürfnislage entspricht, …)
Wir achten darauf, dass jedes Kind zu seinem Recht kommt, und konzipieren Angebote so, dass sie der Weiterentwicklung dienen und als Chance der Teilhabe und Individualität gesehen wird. Uns ist wichtig, dass die Persönlichkeit jedes Einzelnen gestärkt und gesehen wird.

„Inklusive Ansätze nehmen wertschätzend die Ressourcen einer jeden einzelnen Person in den Blick und unterstützen jedes Individuum in seiner individuellen Weiterentwicklung“.
Wir bieten den Kindern mit ihren unterschiedlichen Stärken, Interessen, Sichtweisen und Veranlagungen individuelle Lern- und Entwicklungschancen und vermeiden so vorgefertigte Programme, die den Kindern übergestülpt werden.

Armutssensibles Handeln, Diversität und Gendergerechtigkeit sind in unserer Kindertagesstätte von großer Bedeutung, da sie die Grundlagen für eine inklusive und gerechte Bildungsumgebung schaffen.

  • Armutssensibles Handeln: In unserer Kita bedeutet armutssensibles Handeln, dass das pädagogische Personal sich bewusst ist, dass Kinder und ihre Familien unterschiedliche soziale und wirtschaftliche Hintergründe haben können. Für uns ist es wichtig sicherzustellen, dass finanzielle Schwierigkeiten keine Hürden für die Teilnahme am Bildungsprozess darstellen. Dies kann erreicht werden, indem finanzielle Unterstützungen für bedürftige Familien angeboten werden, wie z.B. bei der Bearbeitung des BUT – Antrages, Aktion Wunschbaum, Projekte der Bürgerstiftung.
  • Diversität: bezieht sich in unserer Kita immer auf die Anerkennung und Wertschätzung der Vielfalt von Kindern in Bezug auf ihre ethnische Herkunft, kulturellen Hintergrund, Religion, Sprache, Fähigkeiten und familiären Strukturen. In unserer Kindertagesstätte zielen pädagogische Aktivitäten und Materialien darauf ab, Vielfalt zu feiern und Vorurteile zu bekämpfen. Durch Fortbildung und Austausch im Team ist das pädagogische Personal geschult, um kulturelle Sensibilität und interkulturelle Kompetenz zu fördern.
  • Gendergerechtigkeit: Gendergerechtigkeit in unserer Kindertagesstätte bedeutet, eine Umgebung zu schaffen, in der alle Kinder, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Geschlechtsidentität, die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben. Dies kann durch geschlechtsneutrale Erziehung, die Verwendung genderneutraler Sprache und die Bereitstellung von Materialien und Aktivitäten, die verschiedene Geschlechtsidentitäten respektieren, erreicht werden. Es ist wichtig, Stereotypen zu vermeiden und Kinder in ihrer individuellen Geschlechtsidentität zu unterstützen.

Des Weiteren legen wir sehr großen Wert auf das gemeinsame Spielen und von-einander-Lernen, indem wir nach dem „Teil-Offenen Konzept“ arbeiten und die Gruppenräume /-türen meistens geöffnet sind und die Kinder auch Angebote in Nachbargruppen wahrnehmen und mit den dortigen Kindern spielen können. Gerade im Spiel finden wichtige Lernprozesse statt, die den Kindern an alterstypischen Lebensvollzügen teilhaben lassen und die sie auf künftige Lebenssituationen vorbereiten und stärken.

Das Gebäude und das Gelände der Kita ist so gestaltet, dass die Kinder sich möglichst uneingeschränkt und aktiv bewegen können, solange nicht Sicherheits- und Schutzmaßnahmen Vorrang haben. Den Kindern werden altersgerechte Bewegungsangebote dargeboten, ohne entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu missachten.
Die Gruppenräume, das Außengelände sowie die Bildungsangebote regen im Sinne einer „Vorbereiteten Umgebung“ das forschende Lernen und die kindliche Neugierde an, damit die Selbstbildungspotenziale der Kinder aktiviert werden und sie viele Erfahrungen der Selbstwirksamkeit machen können. Bei der Planung werden die Kinder wie oben beschrieben, mit einbezogen.

Um den unterschiedlichen Lebenssituationen und/oder -formen bedarfsorientiert gerecht werden zu können, ist eine individuell auf die jeweilige Familie angepasste Zusammenarbeit mit den Eltern, die interkulturelle sowie interreligiöse Aspekte berücksichtigt, von enormer Bedeutung,
Anregungen bzw. Vorschläge sowie gemeinsame Überlegungen mit Eltern sind uns sehr wichtig. In gemeinsamen Treffen wie Infonachmittagen, bei der Anmeldung, in der Eingewöhnungsphase, bei den Dokumentationsgesprächen, während Tür- und Angelgesprächen usw. werden alle Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen ernst genommen und mit ihnen bedarfsorientiert gearbeitet.

Voraussetzung dafür ist ein multiprofessionelles Team mit spezifischen Kenntnissen in bestimmten Themenbereichen. In unserem Team arbeiten pädagogische Fachkräfte, teils mit Zusatzausbildungen im U-3Bereich, im Bereich Sprachförderung, zur Religionspädagogik und zum Kinderschutz, eine Heilpädagogin und zwei Kinderpflegerinnen.
Uns ist es wichtig, dass Eltern, die nur wenig Deutsch sprechen und verstehen, dennoch an allen Angeboten teilhaben können. Unterstützt werden wir in diesen Vorhaben durch das kommunale Integrationszentrum Kreis Borken. Wir nutzen zusätzlich Medien (Translater), oder die App SayHi.

Rechtliche Grundlagen: Grundgesetz: Artikel 2 bis 5; KiBiz NRW: § 26